Eigengewächs macht allen Spaß

Kirmesabend stellte selbst König Fußball in den Schatten.

Gevelsberg. Die Halle voll wie immer, ein abwechslungsreiches Programm, zu dem nicht zuletzt die heimischen Kirmesgruppen einige schräge Nummern beitrugen, und ausgelassene Stimmung im Saal und auf den Rängen: Der Kirmesabend stellte am Samstag selbst König Fußball in den Schatten. Obwohl zeitgleich das erste Spiel der deutschen Nationalmannschaft bei der Fußball-EM gegen Portugal stattfand, feierten gut 600 Besucher in der Halle West mit. Und ihr Kommen mussten sie nicht bereuen. Wie in den vergangenen Jahren bewährt hatte der Kirmesverein wieder eine bunte Mischung aus eigenen und eingekauften Beiträgen zusammengestellt.

„Stomp“ für Kneipentresen

Für besonders große Begeisterung sorgte ein Eigengewächs: Philipp Schüssler riss die Gäste mit seinem schwungvollen Trompetenspiel von den Sitzen. Der 22-jährige, der in Gevelsberg aufwuchs, hatte schon Barack Obama als Mitglied des Drums&Bugle-Corps „The Cadets“ zu dessen Amtseinführung den Marsch blasen dürfen. Aber der Kirmesabend ist natürlich noch einmal eine ganz andere Herausforderung. Schüssler meisterte die Aufgabe mit Bravour. „Schatzi, schenk mir ein Foto…“ und „Que sera“ spielte er auf seiner Trompete und einige trockene Gags hatte er auch auf Lager. Er sei für den Kirmesabend gecastet worden, erzählte er. „Ich wollte ‘Am Brunnen vor dem Tore’ spielen“. Das sei prima, bekam er darauf hin zu hören: „Da bist Du an der frischen Luft und weit genug weg von der Bühne…“ Stürmischer Applaus war der Lohn für seinen Auftritt.

Auch die Kirmesgruppe Aechter de Biecke“ sorgte für großen Spaß. Ihr Strumpfhosentanz zum Hit „Ai seu te pego“ („Nossa“), bei dem jeweils zwei Tänzer ein Bein in eine Strumpfhose steckten, zeugte von außergewöhnlicher Beweglichkeit. Großes Taktgefühl bewiesen die Aktiven von Pinass Brumse, die eine Kneipentresenversion von „Riverdance“ oder „Stomp“ aufführte. Weil ihre Bierbecher leer waren und niemand nachfüllte, begannen sie damit rhythmisch auf dem Tisch zu klopfen. Auch wenn der eine oder die andere kurz aus dem Takt gerieten, beeindruckte die Handtänzer mit einer anspruchsvollen Choreographie.

Die Leiden eines Ehemanns

„Hallo Männer, hallo die anderen“, begrüßte „der Ehemann vom Börkey“ das Publikum – und hatte gleich klar gemacht, dass für ihn das Leid der Welt in vier Buchstaben zusammengefasst werden kann: FRAU. Und so ließ er wieder mächtig Dampf ab. Seine Tochter habe ihn gefragt, warum bei der Hochzeit die Braut weiß trage. „Tja, Küchengeräte sind eben alle weiß“, lautete die Antwort. Nebenbei bekamen auch die Gäste aus der Nachbarschaft ihr Fett ab: „In Schwelm haben sie 1724 die Klobrille erfunden. 1836 haben sie dann ein Loch reingesägt…“.

Den Saal sofort im Griff hatte eine alte Dame, die sich von Bürgermeister Claus Jacobi sogar den Rollator auf die Bühne tragen ließ: Änne aus Dröplingsen. Die geistig fitte Dame aus dem Sauerland hatte so einiges aus ihrer Altenrunde zu erzählen. „Hier sind doch auch schon viele in einer Altenrunde“, sagte sie ans Publikum gewandt. Wie sie auf dem Markt dem Eierverkäufer in die Eier gefahren war und von der Rollator-Rallye rund um den Dröplingser See erzählte sie. Und dabei zeigte sie mit ihren Verrenkungen an dem mit Servolenkung und Bremskraftverstärker ausgestatteten und tiefergelegten Rollator, dass sie noch ziemlich beweglich ist. Am Ende wagte sie mit Hilfestellung des Bürgermeisters gar noch einen Handstand. „Sie sind ein Feger“, sagte sie zu Claus Jacobi, den sie auch in die Altenrunde einlud. Mit 40 Jahren könne er da in die Krabbelgruppe gehen. Mit stürmischem Applaus verabschiedeten die Zuschauer die redselige Dame.

Unzählige Promis am Schluss

Den Schlusspunkt setzten schließlich unzählige Prominente: Jörg Hammerschmidt, der als Parodist auch in Funk und Fernsehen zu hören und zu sehen ist, ließ Udo Lindenberg und Peter Maffay, Guido Westerwelle und „Angie“ Merkel auftreten. Gerhard Schröder, der mit russischem Gas nun seine Brötchen verdient, sang „Kein Linker hat mehr Geld wie ich“ zur Melodie von „Kalinka“. Horst Schlämmer war ebenso dabei wie Franz Beckenbauer, Boris Becker und Heinz Erhardt. Und als Howard Carpendale „Hello Again“ anstimmte, parodierten die Gäste in der Halle West gekonnt das „Howie“-Publikum. Nach fast zweieinhalb Stunden endete das Bühnenprogramm schließlich. Mit reichlich guter Laune dank der stimmungsvollen Auftritte und des deutschen 1:0-Sieges bei der EM feierten viele Gäste zu den Klängen der Band „Heaven’s Club“ noch bis in den Sonntagmorgen hinein.

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