Gelebte Integration auf der schönsten Kirmes

Kirmesmauer seit gestern beleuchtet.

Gevelsberg. „Gevelsberg hat die schönste Kirmes der Welt“ – eine für Gevelsberger ganz selbstverständliche Bewertung ließ Bürgermeister Claus Jacobi gestern Abend beim traditionellen Anblasen zur Eröffnung des Volksfestes plötzlich ganz amtlich werden. Mit sehr ernsten Worten wandte sich Jacobi an der Kirmesmauer an das Kirmesvolk. Viele Auswärtige hätten sich beschwert, durch die Gevelsberger Kirmes ausgegrenzt und diskriminiert worden zu sein. Sogar Landrat Dr. Arnim Brux habe ihn angeschrieben. Der innere Friede im Ennepe-Ruhr-Kreis sei nachhaltig gestört, „wenn insbesondere Schwelmer, Ennepetaler und Hasper sich immer wieder anhören müssen, dass die Gevelsberger Kirmes die schönste der Welt ist“. Auch eine Wahrheit könne, „wenn sie in übergebührlicher Penetranz vorgetragen wird, andere Menschen diskriminieren“, zitierte Jacobi den Landrat. Daher habe Brux ihn darum gebeten dem Kirmesmotto „Wann vie use Kiärmis fi’ert sitt alle Völker entegriert“ Taten folgen zu lassen und die Gevelsberger aufzufordern, nicht ständig zu sagen, „dass unsere Kirmes die schönste der Welt ist.“ Und zur Sicherheit fragte der Bürgermeister die zahlreichen Gäste an der Kirmesmauer noch mehrmals, was genau sie nicht sagen sollen: „Gevelsberg hat die schönste Kirmes der Welt“, lautete die korrekte Antwort aus Dutzenden Kehlen.

Zug durch die Gemeinde

Abgesehen von diesem ernsten Thema herrschte gute Laune zur Eröffnung der Kirmes. Hammerschmied Bernd Matthäi und seine Gehilfin Bianca Sudmann, Blaukittelträger, Standartenträger der zwölf Kirmesgruppen, Kirmesvereinsvorstand und -präsidium und viele Kirmesfreunde waren zunächst in musikalischer Begleitung der Spielleutevereinigung und der „Fidelen Vogelsanger“ über „die schrägste Kirmes Europas“ (so der neue Werbeslogan) gezogen. Unterwegs gab es schon das ein oder andere Erfrischungsgetränk, um die Steigung leichtfüßig bewältigen zu können. Kirmesvereinsvorsitzender Michael Sichelschmidt sprach zunächst ein großes Lob für die Kirmesgruppen aus, die trotz extrem schwieriger Wetterbedingungen in der Bauzeit wieder tolle Wagendarstellungen für den Kirmeszug (Sonntag ab 14 Uhr) hinbekommen hätten. Und der Hammerschmied versprach Superwetter für den Zug.

Der Hammerschmied lebte das Motto vor und bewies, dass in Gevelsberg tatsächlich alle Völker integriert werden. Er überließ einem Schwelmer kurz das Mikrofon. Obernachtwächter Christian Fasel richtete einige Worte an die Gevelsberger: „Ich bring Euch Grüße von der Dacho und wünsch’ Euch ‘ne Kirmes mit viel Karacho.“
Schaustellersprecher Bernd Alexius meinte, dass es eine so tolle Kirmes mit so tollen Fahrgeschäften noch nie gegeben habe und wünschte eine friedliche Kirmes.
Bevor er amtlich wurde, hatte der Bürgermeister als einziger Redner mehrere Sätze auf Plattdeutsch gesprochen. Und dabei sogar eine echte Neuigkeit verkündet: „Wann et düster wätt vanoabend, dann löcht düot Joar ook da Müer!“ Auf Hochdeutsch: Die Kirmesmauer wird ab sofort abends beleuchtet. Die TBGev setzten eine Idee um, die der frühere Stadtbrandmeister Klaus Schulte vor einigen Jahren hatte. Und so, fuhr der Bürgermeister fort, habe er sich gedacht, dass die Mauer heute Abend doch dasselftige mäcket wie vi: Sä hiät ook dä Lampe aan. Es dat nich schön?“

Nachdem Jacobi schließlich die Kirmes für eröffnet erklärt hatte, verging eine gute Minute, bis die obligatorischen Böllerschüsse das unüberhörbar unterstrichen. Es blieb die Erkenntnis, dass die Gevelsberger vielleicht nicht am schnellsten schießen. Aber wen sollte das schon stören, wenn er doch die schönste Kirmes der Welt hat?

Peter Konze neuer Blaukittelträger

Traditionell beim Anblasen ernannte der Dorfschulze einen neuen „Gehülfen“. Amtsinhaber Carsten Neef verlieh Peter Konze „als sichtbares Zeichen seiner Würde den blauen Kittel zu Eigen, dazu das Halstuch“. Gewürdigt werden mit dem Blaukittel Personen, die sich viele Jahre „als eifriger Freund der Kirmes“ erwiesen haben.
An Peter Konzes enger Beziehung zur Kirmes besteht kein Zweifel. Er wurde mit der Kirmes groß, war sein Vater Wilhelm doch schon „Vorreiter“ beim Kirmeszug – im Wortsinne, denn er ritt viele Jahre lang mit einem Pferd vorweg. Später war Wilhelm Konze auch viele Jahre im Kirmesvereinsvorstand aktiv. Peter Konze ist Mitglied der Kirmesgruppe „Im Dörnen“ und gehört dort seit vielen Jahren dem Vorstand an. Nicht zuletzt beim Wagenbau ist er stets tatkräftig dabei.
Peter Konze hat nun das Recht „schwadronierend im Dorfe einherzustolzieren, auf den Wegen und Straßen laut zu singen“. Man soll ihn auch immer „tüchtig mit Speis und Trank traktieren“, der Zapfenstreich zählt für ihn nicht.

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