Andreas Pils vor dem kompletten Aus?

 

Radeberger stellt zum 30. Juni den Flaschenverkauf ein. Klares Bekenntnis zur Kirmes-Marke fehlt

Gevelsberg/Hagen/Dortmund. Diese Nachricht wird viele Gerstensaft-Traditionalisten treffen wie ein Schlag: Zum 30. Juni stellt die Radeberger-Gruppe den Flaschenverkauf von Andreas Pils komplett ein.

Der Fassverkauf für die Gaststätten und die Gevelsberger Kirmes läuft zunächst noch weiter. Ein klares Bekenntnis, dass die Marke im kommenden Jahr noch existiert und damit auch der Gevelsberger Kirmeskrug Bestand hat, gibt der deutsche Biergigant nicht ab.

In Kneipen und auf der Kirmes

Die Getränkehändler, die die Kisten noch im Sortiment führen, sind bereits schriftlich darüber unterrichtet worden, dass der Flaschen-Vertrieb zum 30. Juni eingestellt wird. Auf Nachfrage dieser Zeitung teilt Wiebke Rath aus dem Marketing der Radeberger-Gruppe am Dortmunder Standort mit: „Wir werden Andreas Pils künftig nicht mehr in der Flasche anbieten. Diese Entscheidung ist uns dabei keineswegs leicht gefallen. Dennoch haben uns der Markt und seine Entwicklungen, die wir laufend beobachten, letztendlich zu diesem Schritt bewegt. Denn entscheidend für die Gestaltung unseres Sortiments ist natürlich, was sich die Bierliebhaber wünschen.“

Heißt im Klartext: Das Bier, das seit 20 Jahren nach altem Hasper Rezept in den Kesseln der Dortmunder Actien Braurerei (DAB) gärt, wird nicht so gut nachgefragt, dass es sich für Radeberger lohnt, den Flaschenverkauf aufrecht zu erhalten. Diese Sicht kann der Gevelsberger Getränkehändler Marco Rehfeld nicht teilen: „Bei uns wird Andreas Pils nach wie vor kräftig nachgefragt“, sagt er. Gleichwohl seien es vorwiegend Stammkunden, die das Bier aus Traditionsbewusstsein weiterhin kaufen. Denn: Noch fester als in der ehemaligen Hasper Heimat hat das Andreas Pils seine treuesten Fans in Gevelsberg.

Wird in Hagener Kneipen und sogar auf der Hasper Kirmes kaum noch „Andi“ verzapft, haben es in Gevelsberg noch „Glimm“ und „Am Ufer“ im Anschlag. Auf mehreren Bauplätzen der Kirmesgruppen stehen Andreas-Kästen für die warmen Bautage und die Pinass Brumse verzapft das Pils – zumindest noch in diesem Jahr – in ihrem Kirmesbierstand.

Die Zeiten, in denen sich die Kirmesbierstände zwischen Schwelmer und Andreas aufteilten, sind ohnehin Geschichte, doch auch das Verhältnis der Bierstandbetreiber zur Radeberger-Gruppe ist längst nicht mehr uneingeschränkt gut. Die Brauer aus Dortmund stört, dass lediglich die Brumse und die Mühlenhämmer noch Bier aus ihrem Konzern auf der Kirmes beziehen, dazu kommen die Dörner, die Lusebrinker, die Asbecker und die Brumse, die Radeberger-Produkte auf dem Boulevard anbieten. Andererseits sind nicht alle KGs davon begeistert, dass die Radeberger-Gruppe seit der Konzessionspartnerschaft mit Pepsi, die sie 2013 für ganz Deutschland eingegangen ist, darauf drängt, auch die Limonaden von ihnen und nicht mehr von Coca Cola zu beziehen.

Was passiert mit Krug?

Inmitten dieser Gemengelage kamen bereits 2014 die ersten Gerüchte auf, dass Andreas Pils schon zur Jahresfrist eingestellt werden sollte. Nun deutet alles auf einen Abschied auf Raten hin, denn der Fassbier-Ausstoß hält sich in engen Grenzen, die private Stammkundschaft hat nur noch drei Wochen lang die Chance, Andreas Pils im Laden zu kaufen.

Die Frage die sich stellt: Was macht das mit dem Kirmeskrug? Er wird seit 1984 in enger Zusammenarbeit mit der Andreas Brauerei hergestellt. In jedem Jahr findet die Überreichung an die Kirmesaktiven in den Räumen der Brauerei statt. Mit einer Einstellung der Marke wäre fraglich, ob die Gevelsberger überhaupt noch einen Nachfolger für Fritz Sauer suchen müssten, der seit dem ersten Krug, der im Jahr 1984 erschien, bis heute stets das Motiv aussuchte und das im kommenden Jahr in andere Hände legen möchte. Kirmesvereinsvorsitzender Michael Sichelschmidt: „Wir haben bereits Gespräche mit der Radeberger-Gruppe geführt, die nicht negativ zu werten sind. Natürlich hätten wir aus alter Verbundenheit gern weiter einen ,Andreas-Krug’, aber das wird sich alles nach der Kirmes klären.“ Gleiches gelte für die zahlreichen Preise, die von Andreas Pils stets für die erfolgreichen Teilnehmer des Kirmeszugs zur Verfügung gestellt werden.

Gebraut nach altem Rezept

Bereits 1994, als die Brauerei ihre Pforten an der Voerder Straße schloss, war der Unmut unter Bierfreunden groß. Nicht nur weil 80 Menschen ihren Arbeitsplatz verloren, sondern, weil viele durch den Standort-Wechsel zur DAB einen anderen Geschmack feststellten und bis heute vermuten, dass Radeberger in die Andreas-Flaschen und -Fässer ein anderes Bier füllt. Dem widerspricht Wiebke Rath: „Wir brauen nach dem traditionellen Hasper Rezept speziell das Andreas Pils.“ Fragt sich nur, wie lange noch.

WP/WR 9. Juni 2015

Von Stefan Scherer (Text) und Carmen Thomaschewski (Foto)

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