Im Vogelsang fliegen die Löcher aus dem Käse

Anfang der 80er-Jahre schaffte Werner Böhm unter dem Pseudonym Gottlieb Wendehals den künstlerischen Durchbruch. Eine Stimmungskanone, die mit schwarz-weiß-kariertem Sakko und zu kurzer Hose, einer Fliege mit ungelöstem Kreuzworträtsel sowie mit Gummihuhn und Aktentasche unter dem Arm als Handlungsreisender in Sachen Entertainment über die deutsche Bühnen zog.

Sein größter Hit: „Polonäse Blankenese“, mit der er 1981 auf Platz eins der deutschen Charts stand. Millionen kannten und liebten den Sänger. Ähnlich ausgelegte Schnäpselieder wie „Solang nicht die Hose am Kronleuchter hängt“ oder „Wir lassen alle Fünfe grade sein“ folgten – alles frühe, harmlosere Vorwegnahmen des späteren Ballermann-Suffschlager-Genres.

In seiner Mission als Schunkel-Animateur brachte Gottlieb Wendehals die Menschen stets zum Klatschen und Mitsingen: Er ruhte nicht eher, bis „Das Chaos tobt und der Boden schwankt“. Er spielte „Walzer, Diskosalaaad“,wie es in seinem Titel „Herbert“ heißt. Doch dann kamen die Neunziger und mit ihnen das Musikfernsehen, Boygroups und die Neue Deutsche Welle.

Nichts ging mehr, den Leuten war einfach nicht mehr nach Konfetti-Stimmung. 2022 sieht das allerdings anders aus. Denn nach mehr als zwei Jahren Pandemie wollen die Leute endlich wieder all jenes erleben, was in Corona-Zeiten nicht möglich war. Das gesellschaftliche Leben, die vermisste Normalität, kehrt mit aller Macht zurück.

Und für die KirmesgruppeFidele Vogelsanger“ ist es der richtige Anlass, um ausgiebig zu feiern und die Nacht zum Tage zu machen. Mit ihre Wagendarstellung „Polonäse Blankenese“ laden die Kirmesaktiven die Zuschauer beim Gevelsberger Kirmeszug zu einer Biergarten-Party ein, bei der nicht nur manch buntes Fähnchen im Winde weht, sonder in erster Linie die Post abgeht. 1

„Los Vadder, komm in die Socken!“ Es wird eine Party bei der kein Auge trocken bleibt, da die Gäste in bunten Kostümen singen und schunkeln und die Kellner Pause haben, weil das Büfett von hinten aufgerollt wird. Ein großer gelber Käse, an dem sich schon heimlich eine kleine Maus zu schaffen gemacht hat, bildet den Mittelpunkt der Partylocation und animiert keinen geringeren als Gottlieb Wendehals dazu, sich an die Spitze der Gesellschaft zu stellen, die sich an den Schultern fassen und munter durch den Biergarten ziehen.

Mit ganz großen Schritten marschieren alle los, und Erwin faßt der Heidi von hinten an die … Schulter. Geht diese Polonäse erst einmal so richtig los, dann fliegen die Löcher aus dem Käse. Und zwar von Blankenese bis hinter Wuppertal. Aber Auchtung: „Am Kamener Kreuz rechts ab!“

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