Anblasen mit vielen Überraschungen und neuem Knochenschnaps

Wenn trotz strahlenden Sonnenscheins drei ohrenbetäubende Donnerhalle durch das Tal rollen, dann ist zumindest jedem Gevelsberger klar: die fünf verrücktesten Tage des Jahres mit der schrägsten Kirmes Europas ist vom Bürgermeister Claus Jacobi offiziell eröffnet worden.

Zum traditionellen Anblasen gehört selbstverständlich der Marsch des Kirmesvorstandes mit Dorfschulze Sascha Hilger, Hammerschmied Bernd Matthäi, den Blaukittelträgern, den Standartenträgern der zwölf Kirmesvereine und vielen Kirmesfreunden durch das Kirmestor den Berg hinauf bis zur Kirmesmauer im Hippendorf.  Bei den sommerlichen Temperaturen gab es dieses Mal ein paar Stopps mehr, um sich ein kühles Blondes einzuverleiben. Vorweg die Spielleute-Vereinigung Gevelsberg mit flotter Kirmesmusik. Außerdem präsentierten sich an die Kirmesmauer die neugegründeten Fidelen Vogelsanger 2.0.

Bevor sich der Hammerschmied Bernd Matthäi zum Wetter äußern konnte, kamen die Freunde aus den Nachbarstädten Hagen-Haspe, Ennepetal und Schwelm zum Wort. Gemeinsam hatten sie sich etwas Besonderes für den ehemaligen Vorsitzenden und neuen Blaukittelträger Michael Sichelschmidt einfallen lassen. Sie überreichten ihm eine Medaille mit allen vier Stadtwappen.  Ein Unikat, das symbolisiert, hier wird Kirmes und Brauchtum großgeschrieben, und wir halten alle zusammen. Michael zeigte sich gerührt und im fehlten, wenn auch nur kurz, die Worte.

Auch die Schausteller ließen es sich nicht nehmen, Michael Sichelschmidt für seine langjährige Arbeit zu danken. Andreas Alexius lud ihn zu einem Bier an einem Stehtisch ein. Dann wurde das Geheimnis gelüftet. Der Stehtisch ist eine Sonderanfertigung. Die Platte ziert seinen Namen und die Symbolfigur der Kirmes. Jetzt fehlten Michael etwas länger die Worte.

Hammerschmied Bernd Matthäi machte sich lautstark einige Gedanken über das Wetter. Den Tipp seines Arztes gab er gerne weiter. Bei dem heißen Wetter muss man viel trinken. Der Hammerschmied: „Damit fangen wir sofort an.“  

Ihre langjährigen Verdienste für das Heimatbrauchtum im Rahmen der Gevelsberger Kirmes waren für den Kirmesvorstand Anlass, drei neue Gehilfen des Dorfschulzen zu ernennen.

Mit Michael Sichelschmidt wir ein Kirmesfreund zum Blaukittelträger ernannt, der seit 45 Jahren aktiv im Kirmesgeschehen steht. 1974 zog er in der Fußgruppe der Mühlenhämmer zum Lied „Hoch auf dem gelben Wagen“ die kleine Kutsche. Bis 1979 agierte er in der Jugendgruppe und auf den Wagen. Dann kam seine Ära als Einzelgänger. Ganze 19 Mal begeisterte er die Zuschauer am Straßenrand. Das er dann ab 1984 als „Willi“ unterwegs war, lag an dem Motto „Willi Würger vom Finanzamt“. Eine beispiellose Serie von ersten Plätzen konnte er dabei verbuchen. Darunter auch eine Serie von neun Siegen hintereinander. Insgesamt holte er 15 Mal den Sieg. Von 1988 bis 2000 führte er als Vorsitzender auch die Kirmesgruppe Mühlenhämmer an. 1989 holte ihn denn der Vorstand des GKV als Beisitzer ins Boot.

2000 zum Hammerschmied ernannt (bis 2009) legte er den Vorsitz in der Kirmesgruppe nieder. Im selben Jahr wurde er auch zum Ritter von Hopfen und Malz geschlagen. 2011 wählte ihn die Versammlung des GKV zum ersten Vorsitzenden. 2019 trat Michael „Willi“ Sichelschmidt dann nicht mehr an.

„Wenn man so lange Kirmes macht und diese Anerkennung erfährt, macht einen das sehr stolz,“ sagt der neue Blaukittelträger zu seiner Ernennung. „Willi“: „Eins möchte ich noch erwähnen. Der neue Vorstand macht eine super Arbeit und ich freue mich über die neuen Ideen.“

Ein ebenfalls würdiger neuer Gehilfe des Dorfschulzen und somit Blaukittelträger ist Wolfgang Käufer. Durch seine Eltern schnupperte er schon als Sechsjähriger die erste Kirmesluft bei der Kirmesgruppe „Im Dörnen“. Seine erste Erfahrung im Zug mache er mit 14 weiteren Jungs. Alle mussten jeweils eine Ziege im Zug mitführen. Die wollten aber nicht laufen. Erst ein erfahrener Bauer half mit leckeren Zweigen am vorausfahrenden Wagen. So marschierten die Ziegen locker mit. Wolfgang Käufer hat viele Jahre die Presse und Öffentlichkeitsarbeit „Im Dörnen“ übernommen. Im Kirmeszug konnten die Besucher ihn über die Jahre in der Fußgruppe, auf den Wagen und auch einmal als Einzelgänger erleben. Nach seinem Wechsel zur Kirmesgruppe „Pinass Brumse“ Anfang des neuen Jahrtausends kümmerte er sich als Fachmann im Tief- und Straßenbau erst einmal darum, den Bauplatz der „Brumse“ Wetterfest zu machen. Dies erledigte er dann später auch gleich für die Kirmesgruppen Mühlenhämmer, „Vie ut Asbi´eck“, „Börkey“, „Lusebrink“, „Vie vam Kopp“ und den damaligen „Haufer Jungen“. Ab 1996 sorgte Wolfgang Käufer 22 Jahre lang in der Zugleitung für einen sicheren Kirmeszug durch die Stadt. Das Amt des Sprechers der Zugleitung füllte er weit über zehn Jahre aus. 2007 wurde er zum 30. Ritter von Hopfen und Malz geschlagen. Wolfgang Käufer: „Ich war über meine heutige Nominierung sehr überrascht. Damit habe ich gar nicht gerechnet.“

Mit Stefan Bußmann von der Kirmesgruppe „Im Dörnen“ hat der Kirmesvorstand einen weiteren verdienten Kirmesfreund benannt. „Als der Anruf kam war ich freudig überrascht,“ so Stefan Bußmann. „Vor allem, weil es doch viele andere gibt, die schon viel länger dabei sind. Aber ich freue mich darüber riesig.“

Durch seine Eltern kam er als Kind zur Kirmesgruppe „Aechter de Biecke“. Später war erst einmal über viele Jahre nichts mit Kirmesgruppen. Dann fand er aber wieder einen Zugang und ist jetzt seit zehn Jahren „Im Dörnen“ aktiv. Acht Jahre unterstützte er als Beisitzer den Kirmesvorstand und lenkte als 2. Vorsitzender über vier Jahre die Geschicke der Kirmesgruppe. Seit 2010 ist er darüber hinaus als Bauleiter mit für die tollen Wagen verantwortlich.

 Ausgestattet mit einer großen Urkunde, dem Blaukittel und dem roten Halstuch gehören die Drei nun zu den privilegierten Blaukittelträgern.

Einmal mehr bewies Bürgermeister Claus Jacobi in seiner Ansprache eine gehörige Portion Humor. Da dachte er doch, der Gestank der Knochenmühle sei erledigt. Heimlich sprang er sogar als Lkw-Fahrer ein, um die Abwässer zur Kläranlage zu bringen. Als er da nicht einfahren durfte, wandte er sich an den Blaukittelträger Michael Habbel. Mit einem Kubikmeter Alkohol wurde die Brühe neutralisiert und siehe da: sie roch nicht mehr und schmeckte auch noch. So wurde der 1. Gevelsberger Knochenschnaps kreiert. Der Hammerschmied und der Vorsitzende des GKV durften ihn als erstes probieren. Erst zögerlich, aber dann in vollem Zug nahmen sie das Angebot an.

Nach seinen Worten: „Die Gevelsberger Kirmes ist eröffnet“, fuhren allen Anwesenden die drei Donnerschläge in die Glieder.

Eins ist auf jeden Fall klar: Der Wettergott ist offensichtlich ein schräger Vogel. Warum sonst hätte er für die „Schrägste Kirmes Europas“ so ein Bombenwetter kreiert?!

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